Kriegsgräberstätte Vossenack

Die Kriegsgräberstätte Vossenack wurde am 31. August 1952 eröffnet. Sie befindet sich außerhalb Vossenacks auf einem Gelände, das auf militärischen Karten des Zweiten Weltkriegs als ‚Höhe 470‘ und damit als kriegsstrategischer Punkt verzeichnet ist. Ursprünglich war mit der Bestattung der Kriegstoten auf einem Gelände neben dem Gemeindefriedhof von Vossenack begonnen worden. Als man sich endgültig für die Rodungsfläche auf der ‚Höhe 470‘ entschieden hatte, verlegte man die beim Gemeindefriedhof bereits bestatteten rund 700 Kriegstoten dorthin. Weitere Tote kamen durch Umbettungsaktionen von benachbarten Gemeindefriedhöfen hinzu oder vom unmittelbaren Kriegsschauplatz in den umliegenden Wäldern, von Wegrändern und aus minenverseuchtem Gelände. Zum Zeitpunkt der Einweihung ruhten auf der Kriegsgräberstätte auch bereits mehr als dreißig Tote, die nach dem Krieg beim Minensuchen ums Leben gekommen waren. Über die Jahre wuchs die Zahl der Bestatteten durch weitere Funde oder Umbettungen. So wurden zum Beispiel 1986 noch rund 90 Kriegstote aus Lich-Steinstraß nach Vossenack überführt, weil deren ursprünglicher Begräbnisort der Expansion des Braunkohletagebaus weichen musste. Nach Angaben der Kreisverwaltung Düren, die heute für den Unterhalt der Kriegsgräberstätte Vossenack zuständig ist, ruhen dort aktuell 2.367 Tote.

Nähere Informationen zu dem regionalen Kriegsgeschehen, der Entstehung der Anlage, den dort Bestatteten sowie zu einzelnen Gräbern und architektonischen Elementen finden sich auf sechs Informationstafeln, die linksseitig den Eingangsbereich der Kriegsgräberstätte flankieren. Sie entstanden im Rahmen eines Projekts des benachbarten Franziskus-Gymnasiums und wurden im Juni 2015 der Öffentlichkeit übergeben

Die architektonische Gestaltung der Kriegsgräberstätte übertrug der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge seinem Chefarchitekten Robert Tischler (1885-1959). Als Chefarchitekt des Volksbundes lenkte er die Gestaltung von Kriegsgräberstätten im In- und Ausland über drei politische Systeme hinweg. Den wechselnden politischen Bedingungen passte sich Tischler dabei sowohl persönlich als auch in Gestaltungsfragen regelmäßig an. Zur Teilnahme am Ersten Weltkrieg hatte er sich freiwillig gemeldet, trat am 1. März 1932 – also zu einem recht frühen Zeitpunkt – der NSDAP bei, wurde nach Kriegsende, wie so viele, lediglich als ‚Mitläufer‘ eingestuft und setzte seine Arbeit für den Volksbund in der Bundesrepublik schließlich weiter fort. Dabei passte er sich durchaus dem veränderten Zeitgeist an, blieb aber in Gestaltungsfragen noch stark durch das eigene Erbe aus der Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus beeinflusst. Die Kriegsgräberstätte Vossenack mit ihrer strengen, ‚soldatischen‘ Raumgliederung steht als Beispiel dafür.

Die Gräberstätte selbst ist streng axial aufgebaut. Gerade Linien, rechte Winkel und der Verzicht auf Baum- oder Sträucheranpflanzungen sind kennzeichnend. Unterstrichen wird der militärisch-pathetische Charakter der Anlage noch durch zwei weitere Gestaltungselemente. Tischler gilt als Erfinder der Symbolkreuze. Darunter versteht man Gruppen zu drei oder fünf Kreuzen, die bereits während des Zweiten Weltkriegs auf Kriegsgräberstätten in eroberten Ländern platziert wurden. Diese Tradition setzte der Volksbund nach dem Kriegsende fort. Ihre Botschaft ist einerseits christlich, wird aber durch die Anordnung in entsprechenden Gruppen durch eine militärische Ikonographie insofern überlagert, als sie den militärischen Führer mit seinen Soldaten symbolisch verkörpern.

Zwei Hinweise noch auf eine Grabplatte und einen 2022 entfernten Gedenkstein. In der Mitte der Kriegsgräberstätte findet sich eine Platte mit der Aufschrift „Walter Model“. Am 21. April 1945 hatte sich im Ruhrkessel, südlich von Duisburg, so die Überlieferung, Hitlers Generalfeldmarschall Walter Model selbst erschossen, um nicht in Kriegsgefangenschaft zu geraten und wegen begangener Kriegsverbrechen angeklagt zu werden. Zehn Jahre später, am 26. Juli 1955, soll sein Sohn, Hansgeorg Model, veranlasst haben, dass Walter Models sterbliche Überreste auf die Kriegsgräberstätte Vossenack umgebettet wurden. Diese Erzählung blieb über Jahrzehnte unhinterfragt. Späte Recherchen haben aber deutlich gemacht, dass in der Frage der Umbettung erhebliche Zweifel angebracht sind. Walter Model selbst wollte nicht, dass seine Überreste umgebettet werden. Seine Familie war, abgesehen vom Sohn, ebenfalls dagegen. Außerdem wurde die angebliche Umbettung von seinem Sohn und einem führenden Mitarbeiter des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge geradezu klandestin durchgeführt. Es gab weder eine Genehmigung, noch ein Umbettungsprotokoll, noch Zeugen. Es ist daher wahrscheinlich, dass es sich bei Walter Models Grab um eine rein symbolische Grabstelle handelt, die in den zurückliegenden Jahren zudem zum Anziehungspunkt für Militariafreunde und Rechtsextremisten geworden ist. Eine Überprüfung des angeblichen Umbettungsvorgangs durch eine archäologische Grabung steht bis heute aus.

2022 wurde ein äußerst fragwürdiger Gedenkstein im vorderen Bereich der Kriegsgräberstätte durch den Kreis Düren entfernt. Er wart 2006 auf Initiative des ‚Fördervereins Windhunde mahnen zum Frieden e. V.‘ gesetzt und galt dem Gedenken im Einsatz verstorbener Bundeswehrsoldaten. Das Problem bei der Aufstellung: Wer auf einer Kriegsgräberstätte, auf der Soldaten der Wehrmacht und der Waffen-SS ruhen, einen Stein aufstellen lässt, der dem Gedenken an umgekommene Bundeswehrsoldaten gilt, schlägt eine Brücke von Hitlers Militär, das einen rassistischen Vernichtungskrieg mit etlichen Kriegsverbrechen geführt hat, zur Parlamentsarmee einer Demokratie. Dass der Stein an dieser Stelle keinen berechtigten Platz hat, hätte schon 2006, im Jahr der Aufstellung, deutlich sein müssen. Irritierend hätte von Beginn an auch sein müssen, dass auf einer von zwei Metallplatten ein Spruch des ehemaligen Papstes Benedikt XVI (ehemals Kardinal Joseph A. Ratzinger) wiedergegeben wurde, der besagte: „Wer als Soldat im Dienst des Vaterlandes steht, betrachte sich als Diener der Sicherheit und Freiheit der Völker. Indem er diese Aufgabe recht erfüllt, trägt er wahrhaft zur Festigung des Friedens bei.“

Die Geschichte wurde damit dahingehend verdreht, dass alle Soldaten – auch diejenigen der nationalsozialistischen Wehrmacht und Waffen-SS – zu allen Zeiten als „Diener der Sicherheit und Freiheit der Völker“ ihren Dienst leisten bzw. geleistet haben. Nach Stellungnahmen des Landeskommandos NRW der Bundeswehr sowie der Landesgeschäftsstelle NRW des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge wurde der Stein im Juni 2022 durch den für die Kriegsgräberstätte verantwortlichen Kreis Düren entfernt.

Der Text wurde weitgehend dem Eintrag in dem Portal des LVR ‚Kultur.Landschaft.Digital“ (KuLaDig) entnommen: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-332617. Weitere Hinweisezu den benachbarten Kriegsgräberstätten Hürtgen und Vossenack finden sich in dem 2021 erschienenen Heft 578 der Rheinischen Kunststätten, herausgegeben vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz. Und die Informationen zu der kaum zustande gekommenen Umbettung Walter Models auf die Kriegsgräberstätte Vossenacks sind nachzulesen unter: https://frank-moeller.eu/wp-content/uploads/2020/11/01_Models-Knochen.pdf

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